Anreise – Garður – Reykjanes – Ljósifoss
Sonntag! Es geht los, es geht los, es geht endlich looooohooooos! Ich bin aufgeregt, freue mich und bin gleichzeitig etwas skeptisch. Wird alles so funktionieren, wie wir es uns vorgestellt haben? Haben wir zu viele Sachen umsonst eingepackt? Werden wir tatsächlich zelten?
Die Wettervorhersage für die erste Woche ist nicht gerade prickelnd, überall kleine graue Regenwölkchen im Display. Und ja, da sind wir vielleicht auch (noch) ein paar Warmduscher, aber wir haben einfach schon lange nicht mehr gezeltet und ich glaube, dass ich auch noch nie bei 5°C im Zelt geschlafen habe. 5°C? Ja, das sind die Temperaturen nachts. Wir werden sehen, jetzt müssen wir erstmal hin kommen.
Unsere Anreise nach Island
Unser erster Roadtrip durch Island beginnt in Frankfurt/Main am Flughafen. Mit dem letzten Flug des Tages ab Terminal 2. Wir haben uns zwei Plätze in einem Linienflug von Icelandair nach Keflavík International Airport gesichert. Wie immer heißt es erst einmal: warten. Am Gate dann mit Blick auf unser Flugzeug in der Abendsonne. Spannend finde ich: die Maschinen von Icelandair tragen allesamt Namen von isländischen Vulkanen. Unseres heißt “Laki”, ein Schild an der Tür erklärt uns, dass es sich dabei um einen Krater handelt, der 1783 ausbrach. Warum die Flugzeuge diese Namen tragen und was sie jeweils bedeuten steht übrigens auch auf der Website von Icelandair. Erster Eindruck: wir sind begeistert und freuen uns auf den Flug. Etwas mehr Beinfreiheit für meine riesigen Freund, jeder Sitz hat einen eigenen Monitor, der im Vordersitz integriert ist und die Schoner am Kopf des Sitzes (wie heißt sowas bloß, frage ich mich gerade) erzählen uns, dass man Tickets für den Flightbus nach Reykjavík hier im Flugzeug schon kaufen kann. Klasse Sache, denke ich mir, da muss man am Schalter schon mal nicht mehr anstehen. Für alle, die den Bus nutzen, sicherlich prima.
Gut gefallen hat mir beim Hinflug das sogenannte “Inflight Entertainment”, also die Bespaßung der Passagiere. Der Monitor vor mir bietet Filme und Serien (in Englisch oder Isländisch), Musik aller Sparten, Spiele und Kinderprogramm. Ich habe mir einige Videos der Reihe “Unique Iceland” angesehen, die von Icelandair zu Werbezwecken produziert wurde, aber trotzdem sehr informativ ist und Lust auf den Urlaub macht. Die Kurzfilme kannst du dir übrigens auch im Netz ansehen, z.B. über Ostisland (Youtube) oder Reykjavík (Youtube). Pro Region gibt es einen Kurzfilm mit tollen Landschaftsaufnahmen, die Sprecherin (hat in einem Video mal lange, mal kurze Haare -verwirrend) erzählt spannenden Dinge und gibt Tipps zu Sehenswertem, außerdem werden Hotels und Tourenanbieter vorgestellt. Sicherlich haben diese die Videos auch mit finanziert, damit sie darin vorgestellt werden, das merkt man, aber so läuft das eben. Auf jeden Fall habe ich jetzt noch mehr Lust auf unseren Urlaub, der ja gerade anfängt.
Wir haben Economy Class gebucht, das heißt wir dürfen mitfliegen und bekommen Wasser, aber Essen und andere Getränke kosten extra. Die Auswahl ist überschaubar, aber sieht gut aus. Es gibt nicht die typischen Menüs, wie ich sie aus dem Ferienflieger kenne, sondern z.B. Minihamburger, eine Tapasauswahl, kleine Snacks und Oatmeal. Wir entscheiden uns für die Tapasbox und das Oatmeal, das sogar noch warm gemacht wird. Ich muss sagen, das Oatmeal ist wirklich lecker! Auch Markus ist mit der Tapasbox zufrieden. Zusammen sind wir jetzt 10 € los.
In Frankfurt sind wir schon fast im Dunkeln gestartet. Je weiter wir nach Norden fliegen, umso heller wird es. Kleine Erinnerung: es ist inzwischen nach deutscher Zeit schon nach Mitternacht. Da bekommen wir direkt den ersten Eindruck der Mitternachtssonne. Der Landeanflug ist deshalb der Hammer! Die Sonne steht glutrot knapp über dem Meer, vor uns und unter uns glitzert das Meer, die ersten kargen Stücke Insel kommen in Sicht, weiterweg sehen wir zerklüftete Berge, auf denen Schnee liegt. Für uns kommt das alles erst recht spät in Sicht, wir sitzen auf der dem Meer zugewandten Seite des Flugzeugs. Aber trotzdem, der Blick ist unbeschreiblich schön. Leider waren Kamera und Handy im Rucksack… Und aufstehen während des Landeanflugs – hhhhmmmm – könnte kritisch sein.
Island – wir sind da!
Endlich betreten wir nach etwas mehr als drei Stunden Flugzeit um kurz nach Mitternacht Ortszeit isländischen Boden. Der Flughafen sieht modern und neu aus, ich fühle mich wohl. Auf einmal: Menschenmassen in den Gängen vor den Gates, an denen wir Neuankömmlinge auf dem Weg zum Gepäckband vorbei laufen. Es ist mitten in der Nacht, denke ich, und hier ist die Hölle los. Vor den Gepäckbändern herrscht Gedränge, hier wird auf einem Band das Gepäck von mehreren Flügen auf einmal bereit gestellt. Neben der Gepäckhalle ist ein Duty Free Markt – auch er ist brechend voll. Die Einkaufswägen und -tüten, die da raus kommen, sind größtenteils gut gefüllt mit Alkohol. Der ist nämlich teuer auf Island. So, irgendwann haben wir auch unsere beiden Koffer, es kann weitergehen. Wir drängen uns in die Empfangshalle – wieder gaaaaaaaaaanz viele Menschen. Auf einmal mein Freund: “Auf dem Schild steht mein Name!”. Tatsächlich, ein Typ mit einem Zettel in der Hand, es ist einer von der Autovermietung. Er lädt uns und unser Gepäck ein, fährt uns zum Büro der Autovermietung. Keine 5 Minuten Fahrt, aber ich bin schon in erste Begeisterung mit “Guck mal da” und “Oh wie schön das aussieht” verfallen. Wir bekommen unser Auto und durch die Ausführungen des Mitarbeiters noch etwas Respekt vor den möglichen Gefahren, die auf uns warten (Schafe und Pferde an der Straße, andere Autotüren, die aufschlagen durch den Wind und unser Auto beschädigen könnten, Steine), laden unser Gepäck ein und fahren los. Erstes Abenteuer: tanken. Es gibt einen Automaten, wie fast an jeder Tankstelle auf der Insel. Wir haben im ganzen Urlaub einmal an der Kasse unseren Sprit bezahlt. Der erste Automat macht uns etwas fertig. Unsere Karten will er alle nicht. Ein Anflug von Stress bricht aus, wir sind müde (in Deutschland ist es schon 3 Uhr nachts) und nervös. Dann probieren wir den Automaten nebenan – es funktioniert zum Glück.
Nachdem das Auto voll ist, fahren wir ans Hostel. Gebucht habe ich von daheim aus das Start Hostel in Keflavík. Schon der erste Eindruck nach der Buchung war gut, ich bekam eine nette E-Mail von Astrid mit Dank für die Buchung (zusätzlich zur automatischen Bestätigung von hostels.com) und der Frage, wann wir landen würden und mit welchem Flug wir kommen. Genauso nett ist der Empfang vor Ort. Vor dem Hostel steht ein Auto, an der Rezeption sitzen zwei Frauen und begrüßen uns. Wir bekommen unser Zimmer und eine Erklärung zu den Abläufen und dann stehen wir endlich in unserem Zimmer. Es ist groß, Badezimmer ist mit drin, wir sind zufrieden. Zuerst trinken wir in der Hostelküche noch einen Tee, ist alles dabei. Dann fallen wir müde ins Bett. Die Vorhänge sind zu, aber es ist hell. Da müssen wir uns erst dran gewöhnen. Daheim haben wir uns Schlafmasken gekauft. In den ersten paar Tagen benutze ich sie noch, später brauche ich sie aber nicht mehr. Augen zu – ist dunkel.
Tag 1 auf Island
Wir haben gut geschlafen. Nach einer Dusche gibt es ein kleines, aber gutes Frühstück im großen, aber leeren Frühstücksraum des Start Hostels. Es scheinen kaum Menschen hier zu sein außer uns, eine Handvoll vielleicht. Nach der Stärkung kann das Abenteuer “Roadtrip Island” dann beginnen. Es ist windig, aber es regnet nicht. Gegenüber ist ein Kindergarten. Die Kleinen sind dick eingepackt in Schneeanzüge und Mützen – es ist Mitte Juni. Aber ja, draußen ist es kalt, es sind gerade mal 8°C als wir losfahren. Unser erster Weg führt uns zurück zu der Tankstelle von heute Nacht, direkt nebendran war nämlich ein Supermarkt der Kette Bónus. Er öffnet erst um 11, wir müssen kurz warten. Dann wird es spannend – einkaufen auf Island. Wir wollen uns einen Vorrat anlegen, um unterwegs nur frische Sachen nachkaufen zu müssen. Fremde Supermärkte und dann auch noch in einem anderen Land finde ich ja spannend. Es gibt so viel zu entdecken an anderen Produkten, ich könnte ewig stöbern. Obst und Gemüse werden in einem eigenen, gekühlten Raum aufbewahrt. Gleiches beim Fleisch. Witzig, das habe ich bei uns noch nicht gesehen. Wir kaufen also einiges an Obst, Gemüse, Säften, Keksen – und Fertigprodukten. Gott, die habe ich eeeeewig nicht gegessen. Ihr wisst schon, Nudeln, die man nur kurz ins Wasser werfen muss, die dann mit Soße und fix und fertig aus dem Topf kommen. Oder Nudelsuppe mit Gemüse, so zum Aufgießen. Wir wollen ja campen, da erscheint uns das praktisch. Kleiner Spoiler: in ein paar Tagen werden wir uns richtige Nudeln mit Tomatensoße und Salat wünschen. 😉
Leuchttürme bei Garður
Nach dem Einkauf fahren wir los, die Straße 45 nach Norden, wir werden zuerst die Reykjanes-Halbinsel erkunden. Erster Stopp ist Garður ganz an der südlichen Spitze der Halbinsel. Der Ort Kelfavík, zumindest der Teil, in dem sich unser Hostel befindet, hat mir nicht so gut gefallen. Das ändert sich jetzt. Garður ist ein Dorf und hat einen Leuchtturm. Nein, zwei sogar! Ich mag Leuchttürme. Es gibt einen kleinen, rot-weiß gestreiften und einen großen weißen Turm am Ende des Ortes. Drumherum ist der Campingplatz – grüne Wiese direkt hinter der Brandung des Atlantiks, ein Klohäuschen. Hach, ist das schön. Möwen kreischen, der Wind pfeift uns um die Ohren, die Wellen schlagen an die Steine. Ich bin in meinem Element!
Kurz darauf ist auch mein Schatz in seinem Element – die erste Schotterstraße. Wir fahren noch ziemlich vorsichtig, es staubt hinter uns und natürlich werden wir irgendwo unterwegs von einem Einheimischen in vollem Tempo überholt. Für uns geht es weiter über die Halbinsel Reykjanes. Hier sieht es so aus, wie ich es mir auf Island stereotyp vorgestellt habe. Lavasteine, felsig, kantig, rau und karg. Zum Teil ist die Landschaft pechswarz, ich muss an die Kanaraninsel Lanzarote denken. Auf der Straße 427 kommen uns kaum andere Autos entgegen. Unterwegs sehen wir ein Schild “bridge between two continents” – da müssen wir halten. Hier der Link zur Karte von Wikivoyage. Auf dem Parkplatz steht genau 1 Auto als wir ankommen. Wunderbar! Wir steigen aus und der Wind fegt uns fast davon. Jetzt wissen wir, wovon der Typ bei der Autovermietung gesprochen hat. Bei dem Wind haste ruckzuck mal die Tür nicht festgehalten… Nachdem wir uns dann den Weg hoch zur Infotafel “gekämpft” haben, wissen wir auch, dass wir gerade auf der europäischen Kontinentalplatte stehen. Gehen wir über die Brücke, berührt unser Fuß nordamerikanischen Boden, sozusagen. Aber nicht nur das finde ich faszinierend, es sind auch die Felsformationen und die Landschaft rund herum, die ich unheimlich beeindruckend finde.
Wir fahren schließlich weiter, halten aber kurz darauf wieder an einem Parkplatz. Ein schmaler Trampelpfad führt durch Steine und Geröll zu einem kleinen Krater, ein paar hundert Meter weiter rauscht das Meer. Und wieder sind wir alleine hier. Ich bin fasziniert, schon an Tag 1.
Am Meer entlang fahren wir weiter nach Osten bis nach Selfoss. “foss” bedeutet Wasserfall und den Namen “Selfoss” habe ich im Kopf als einen, den man ansehen sollte. Also fahren wir nach Selfoss und suchen Schilder oder etwas, das uns sagt, wo es zum Wasserfall geht. Wir sind aufgeregt – endlich ein Wasserfall. Bis wir ca. 5 Minuten später feststellen, dass der ORT Selfoss und der WASSERFALL Selfoss nicht am selben Fleck auf der Insel zu finden sind. Der Wasserfall liegt nämlich im Norden der Insel, in der Nähe des Sees Mývatn. Aha. Na gut. Da es noch früh am Nachmittag ist, beschließen wir uns den Wasserfall Urriðafoss noch anzusehen. Der ist auf unserer Karte drauf und ausgeschildert. Apropos Schilder: die Sehenswürdigkeiten etc. sind fast alle ab der Haupstraße, egal ob Ringstraße oder andere Straßen, ausgeschildert. Diesen Tipp schon mal hier: folge den roten Schildern! Es lohnt sich und manchmal findet man tolle Dinge auf Island auch eher zufällig.
Unser erster Wasserfall
Am Urriðafoss stehen auch wieder nur wenige Autos, wir haben Glück heute. Der Wasserfall erscheint mir eher klein, er stürzt “nur” 6 Meter. Ein Schild aber sagt uns, dass es sich aber hier um den wasserreichsten Wasserfall der Insel handelt. Gespeist wird er durch den Fluss Þjórsá. Ein kleiner Weg führt Besucher vor den Wasserfall, hier lassen sich wunderbare Fotos machen. Geht man noch ein Stück weiter, kann man auch den weiteren Verlauf des Flusses sehen, ebenfalls spannend, finde ich.
Nach unserem ersten Wasserfall fahren wir zurück nach Selfoss und dann über die Straße 36 in Richtung Þingvellir (dieses Þ wird übrigens wie -th- wie in the gesprochen) Nationalpark. Ein paar Kilometer vor dem Nationalpark haben wir uns für diese Nacht eine Unterkunft gebucht. Die haben wir übrigens von Zuhause aus per Airbnb ausgesucht und gebucht – kann ich sehr empfehlen. Im winzigen Ort Ljósifoss steht eine ehemalige Schule, die jetzt von den Betreibern als Hostel genutzt wird. Es ist ein großes Haus, eine Etage wird komplett für die Gästezimmer und einen Gemeinschaftsraum genutzt. Unten gibt es zwei große Duschen, ganz wie in der Schule eine für Weiblein und eine für Männlein. Außerdem ist tatsächlich noch eine Turnhalle da, mit allem drum und dran, wie man es aus der Schule kennt. Darüber ist die große Küche und das gemeinschaftliche Esszimmer. Das erste, das mir positiv auffällt, ist, dass man am Eingang gebeten wird, die Schuhe auszuziehen. Sehr praktisch und gemütlich, denn so läuft keiner mit matschigen und nassen Schuhen, die man ja hier wirklich schnell bekommt, durch das Haus, wo andere vielleicht zur Dusche oder zum Essen gehen. Wir werden freundlich begrüßt, bekommen das ganze Haus und unser Zimmer gezeigt. Da wir noch frisch auf der Insel sind, gibt es auch gleich noch ein paar Tipps. Einer davon: Wasser ist immer kostenlos auf Island – “Water is free. Always. You don’t have to buy it in bottles.” Wie gut, dass wir gerade heute Morgen 8 Flaschen abgefülltes Wasser gekauft haben… Lektion gelernt.
Wir kochen uns Nudeln und schnippeln noch ein paar Tomaten und eine Paprika dazu. Wir sind ziemlich geschafft, der Tag war zwar eigentlich nicht übermäßig anstrengend, aber trotzdem wollen wir bald schlafen gehen.
Nach dem Essen unterhalten wir uns noch gut mit einer weiteren Angestellten des Hostels. Sie gibt uns den Tipp, in Flúðir ein natürliches Schwimmbad aus heißen Quellen zu besuchen, die Gamla Laugin (=altes Bad). In Reiseführern ist sie auch bekannt als Secret Lagoon. Wir schreiben es uns auf, planen es für den nächsten oder übernächsten Tag ein, denn noch wissen wir nicht genau, wie unsere Weiterfahrt aussieht.
Für Tag 2 auf Island haben wir nämlich ein Schnorchelerlebnis der Extraklasse gebucht: schnorcheln in der Silfraspalte auf dem nordatlantischen Rücken.
Dieser Beitrag erschien zuerst im Juli 2015 auf meinem Vorgängerblog “Blick auf”.
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