Vík – Kap Dyrhólaey – Reynir – Fjallsárlón – Jökulsárlón – Vagnsstaðir
Die erste Nacht im Zelt auf Island – wir haben unruhig geschlafen, es war kalt, zwischendrin hat es geregnet. Wir sind noch sehr müde als wir an diesem Morgen auf dem Campingpatz Vík aus dem Zelt krabbeln. Draußen ist es windig, es sind 5 Grad. Lektion der Nacht: Schlafsäcke, die man mit entsprechend gesetzten Reißverschlüssen zusammen machen kann, sind zwar nett für Paare, aber das alles macht keinen Spaß bei Temperaturen unter 10 Grad. Beim nächsten Mal wird jeder von uns in seinem eigenen Schlafsack schlafen, da kann dann nämlich der Schließmechanismus richtig genutzt werden.
Wir schnappen uns unsere “Badsachen” und das Frühstück, gehen erst einmal ins Warme des Gemeinschaftsgebäudes. Nachdem wir uns durch den “Kampf” um Waschbecken und Wasserkocher geschlagen (ist nicht ganz ernst gemeint, denn letztendlich lief alles ganz gesittet ab) und endlich heißen Instantkaffee und Frühstück im Magen haben, bauen wir unser Zelt ab und packen das Auto. Meine Hose vom gestrigen Tag ist immer noch nass, ich glaube, da brauchen wir wirklich eine Heizung um sie wieder trocken zu kriegen. Heute Abend werden wir übrigens in einem Cottage im Hostel “Vagnsstadír” bei Höfn übernachten, das haben wir gestern noch telefonisch klar gemacht. Wir sind gespannt! Aber jetzt geht es erst mal noch ca. 10 km die Ringstraße zurück.
Kap Dyrhólaey
Schon von der kleinen Straße aus sehen wir die imposanten Felsformationen und das berühmte Felstor des Kaps. Ein kleinerer (aber immer noch riesiger Fels) hat die Form eines Elefants, mit etwas Fantasie erkennt man Rüssel und Ohren. Als wir nach kurzer Fahrt am Parkplatz am Kap Dyrhólaey ankommen, stehen dort schon einige Autos und ein kleiner Bus. Wir stehen quasi auf einer kleinen Halbinsel, die durch einen Vulkanausbruch entstanden ist. Wir gehen zuerst einen kleinen Weg vom Parkplatz aus hinauf in Richtung Osten und genießen von dort oben den Blick auf den schwarzen Lavastrand und grüne Moosflächen vom Berg Reynisfjall und die Reynisdrangar, die drei Felsnadeln vor der Küste von Vík. Hier oben ist der Wind wieder ziemlich stark, es zerrt an uns, aber ich genieße es!
Wir klettern über ein paar Felsen und Steine bis an die Steilkante und sehen von hier aus die faszinierenden Felsformationen vor dem Kap. Das Meer schmettert die Wellen gegen die Felsen, der Wind rauscht uns um die Ohren, es ist einfach nur klasse und wunderschön! Stundenlang könnte ich hier noch sitzen, den Möwen bei ihren Segelflügen vor den Felsen zuschauen, Kraft tanken.
Weiter unten gibt es noch einen kleinen Strand voller schwarzer Steine und schwarzem Sand, betreten scheint mir aber nicht ratsam, die Wellen sind hoch und stark, sie schwappen zum Teil komplett über den Strand. Das Bild der weißen, schäumenden Brandung auf dem schwarzen Strand ist unglaublich schön. Überhaupt bringen die Farben und Kontraste, die wir hier auf Island sehen, mich immer wieder zum Staunen. Selten habe ich so etwas Schönes und Überwältigendes gesehen.
Kurz darauf setzen wir uns wieder ins Auto um noch komplett hoch auf das Kap zum Leuchtturm zu fahren. Die Schotterpiste ist unglaublich schmal und windet sich steil nach oben, laut Schild darf man hier maximal 20 km/h fahren. Ist auch angebracht. Oben auf dem Plateau fegt der Wind uns fast weg, nimmt uns den Atem. Aber der Ausblick lohnt sich! Rechts von uns können wir extrem weit die Küste entlang schauen, sehen blaues Meer, schwarzer Strand, grüne Landschaft. Hier oben gibt es unheimlich viele Vögel, sie nisten in den Steilwänden. Endlich endlich sehen wir hier unseren ersten Papageientaucher, einen Puffin, das Nationaltier Islands. Er sitzt direkt auf einem kleinen Vorsprung neben dem Weg, wir können ihn ein paar Mal fotografieren, bevor er auf wegfliegt. Immer wieder tauchen Möwen vor dem Fels auf, tanzen im Wind, lassen sich tragen, segeln. Welch eine Freiheit sie ausstrahlen!
Der Strand von Reynisfjara
Wir fahren weiter, wieder in Richtung Vík. Kurz bevor wir dort sind, nehmen wir die Abzweigung Reynisfjara und fahren hinunter an den unglaublich langen und schönen schwarzen Strand. Dieser besteht aber hier nicht aus feinem Sand, sondern aus schwarzen Steinen, die vom Wasser ganz flach und kantenlos geschliffen wurden. Er gilt als einer der schönsten in Südisland, ist aber gleichzeitig auch sehr gefährlich, da er zum Teil sehr schmal und die Strömung und die Brandung sehr stark sind. Beeindruckend sind die riesigen Basaltsäulen, die den Berg Reynisfjall zum Strand hinab säumen. Wir machen einen Abstecher in die Hálsanefshellir, die Höhle aus Basaltsäulen. Der Wind ist hier unten so stark, dass wir uns auf dem Rückweg vom Strand in Richtung Parkplatz richtig dagegen lehnen müssen. Am Beginn des Strands gibt es übrigens ein Restaurant, wir waren aber nicht drin.
In Richtung der Gletscher
Für uns geht es jetzt weiter auf der Ringstraße in Richtung der großen Gletscher, wie dem Vatnajökull. Schon auf der Fahrt sind in der Ferne die riesigen weißen Flecken in den Bergen zu sehen. Zuerst sind wir uns nicht sicher, ob es alles Wolken sind, aber als die Sonne auf die weißen Flächen scheint und man es richtiggehend glitzern sieht, sind wir sicher, die Ausläufer des Gletschers vor uns zu haben. Ich sage euch, das ist faszinierend! Unterwegs müssen wir immer wieder anhalten und Bilder machen.
Und der Wetterbericht hatte übrigens recht: es ist sonnig und fast schon warm! Tut das gut nach der vielen Nässe der letzten Tage. Zwischenzeitlich haben wir fast 12 Grad, endlich können wir mal ohne warme Jacke unterwegs sein draußen. Da macht das Entdecken doch gleich noch mal so viel Spaß – wobei es das Erlebnis irgendwie für mich trotzdem nicht getrübt hat, nur weil es regnete. Das wussten wir vorher und es gehört einfach zu diesem Urlaub dazu.
Nach einer ganzen Weile Fahrt (und einigen Fotostopps in den dafür vorgesehenen Haltebuchten) kommt eines der vielen roten “Sehenswürdigkeiten hier”-Schilder in Sicht, auf dem wir “Fjallsárlón” lesen. Wir haben ja aufgepasst und schon gelernt, dass “sárlón” ein See bzw. eine Lagune ist, also nichts wie abbiegen und anschauen. Ein kleiner Parkplatz kommt in Sicht, davor ein Schild und ein Container mit der Aufschrift “Boat Tours Galcier Lagoon”. Eine Gruppe Menschen in warmen Thermoveralls in Neonorange kommt uns entgegen, ich muss an eine Expedition ins Nordpolarmeer denken. Im Prinzip kommt es fast aufs Gleiche raus, denke ich mir. Das Wasser in der Gletscherlagune, auf der die Gruppe die Bootstour machen wird, ist eisig kalt und voller Eisberge, da dürfte nicht viel Zeit für eine Rettungsaktion bleiben, falls jemand vom Boot fällt.
Wir gehen zu Fuß über einen kleinen Hügel und dann liegt sie vor uns – die Gletscherlagune Fjallsárlón. Dunkel, fast schwarz das Wasser. Eisberge, weiß, hellblau, mit schwarzen Striemen durchzogen. Im Hintergrund die Gletscherzunge Fjallsjökull, die den See speist. Riesig und weiß. Die Wasseroberfläche ist ganz glatt. Es ist still hier. Als würden das Eis und das Wasser alle Geräusche schlucken. Es sind nur ganz wenige Menschen hier. Wir spazieren ein kleines Stück am steinigen Ufer des Sees entlang, der Parkplatz und die anderen Besucher kommen außer Sicht und plötzlich sind wir allein. Dieses Gefühl, diese Stimmung ist unbeschreiblich. Noch heute, fast zwei Monate später, zehre ich davon, wenn es mir in dieser lauten und schnellen Welt mal zu stressig wird.
Jökulsárlón bei Sonnenschein
Mit dem Gletschersee Jökulsárlón geht es uns wie mit vielen interessanten Dingen vorher und nachher – wir entdecken ihn quasi per Zufall. Klar, natürlich wussten wir, dass der Jökulsárlón in der Nähe ist und dass wir unbedingt da hin wollen. Aber zunächst halten wir auf einem kleinen Parkplatz an der Ringstraße, weil da das ein oder andere Auto steht. Und wo Autos stehen, gibt es etwas zu sehen. Nachdem wir über einen kleinen Hügel gekraxelt sind, liegt wieder eine Gletscherlagune vor uns. Ich kann nicht genau sagen, ob es eine andere ist als der Fjallsárlón eben, schließlich sind wir nicht so weit gefahren. Auf jeden Fall ist dieser See, der wieder schwarz, still und voller Eisberge vor uns liegt, deutlich größer. Ein Wanderweg führt entlang des Ufers, er ist mit gelben Pfosten markiert und auf einer Tafel erklärt. Selbige Tafel bittet uns, hier nur auf dem Weg zu bleiben. Am Ufer und auf dem Wasser sehen wir einige Gänse mit furchtbar flauschigen und minikleinen Küken! Awww! Wir spazieren auch hier wieder ein Stück am Ufer entlang. Markus hat inzwischen mal sein Smartphone gezückt und stellt irgendwann fest “Hey, wir sind schon da, am Jökul… dingsda”. Eine Biegung weiter sehen wir dann auch, dass wir die berühmte Gletscherlagune Jökulsárlón quasi von ihrem hinteren Ende aus entdeckt haben. Die Eisberge sind riesig, der Parkplatz auch. Wir hören Motorengeräusche, ein kleines Boot fährt zwischen den Eisbergen durch. Wieder eine Glacier Lagoon Boat Tour. Der Parkplatz ist noch ein ganzes Stück weit weg, also beschließen wir zurück zum Auto zu gehen und noch dorthin zu fahren.
Plötzlich kracht es laut! Mit einem Knirschen löst sich ein großes Stück Eis von einem der Eisberge und rutscht ins Wasser des Jökulsárlón. Wellen klatschen sanft ans Ufer, für kurze Zeit ist die Wasseroberfläche gar nicht mehr so ruhig. Kurz darauf ist es wieder still.
Nach kurzer Fahrt erreichen wir eine Brücke, auf der die Ringstraße über den Jökulsá á Breiðamerkursandi, den Fluss aus dem See ins Meer. Auf ihm treiben die Eisberge in Richtung Meer. Direkt hinter der Brücke geht es auf den Parkplatz, der voller Autos und Busse steht. Hier ist richtig was los. Am Ufer des Gletschersees gibt es einen Souvenirshop mit Imbiss, direkt davor starten auch die Touren mit dem fahrenden Boot, außerdem werden Schlauchboottouren angeboten. Der Blick von hier auf den Jökulsárlón ist doch noch um einiges imposanter als von weiter hinten. Die riesigen Eisberge türmen sich am Ufer auf, die schiere Masse ist beeindruckend. Im Hintergrund läuft die Gletscherzunge in den See. Am Imbiss kaufen wir uns einen Kaffee und ein Sandwich, genießen die Sonne, die Wärme und den Blick auf den See. Spannend ist auch das große fahrbare Boot, mit dem die Touren über die Lagune gemacht werden. Direkt neben dem Imbiss/Souvenirshop steht eine Holztreppe, über die der Ein- und Ausstieg der Passagiere erfolgt. Alle paar Minuten kommt ein Boot angefahren, lädt seine Passagiere ein und verschwindet hinter dem nächsten Berg aus Vulkansand, um dann kurz danach wieder auf dem Wasser aufzutauchen.
Auf genau so einen Berg gehen wir hoch und genießen den atemberaubenden Blick von oben. Inzwischen hat sich der Himmel wieder etwas zugezogen, der Kontrast mit den Wolken gibt ein spannendes Bild. Ich setze mich auf den Vulkansand, bin fasziniert von den Eisbergen im Jökulsárlón. Auch hier schimmern sie blau und weiß, sind teilweise durchzogen von schwarzen Streifen. Zeugen der Vulkanausbrüche, deren Asche sich auf das Eis gelegt hat.
Auf einmal taucht etwas schwarzes aus dem Wasser auf, ganz in der Nähe des Ufers. Von hier oben kann ich es nicht richtig erkennen. Aber ich vermute einen Seehund, von denen einige hier in der Lagune leben. All den aufgeregt in Richtung des schwarzen Punktes schauenden Menschen nach zu urteilen ist es tatsächlich einer. Ich kann unser Glück kaum fassen! Markus steht unten am Ufer und fotografiert gerade, leider in die andere Richtung. Aber ich bin zu weit weg, um ihm zurufen zu können. Also mache ich mich auf den Weg hinab ans Ufer und hoffe, dass der Seehund sich noch mal zeigen wird. Und das tut er! Alle paar Minuten taucht er an fast der gleichen Stelle noch einmal auf, schaut sich das Spektakel der fotografierenden und über ihn staunenden Menschen am Ufer an, lässt sich ein paar Meter treiben und taucht wieder ab. Ich bin entzückt und begeistert! An einem Tag haben wir hier das Glück gehabt, einen Papageientaucher und einen Seehund zu sehen!
Interessant finde ich die Strömung in der Lagune. Fast die ganze Zeit über treiben die Eisberge kontinuierlich und erstaunlich schnell in Richtung Meer. Und auf einmal kehrt sich das ganze um, die Strömung scheint gewechselt zu haben und alles treibt wieder zurück in die Lagune, ebenfalls erstaunlich schnell. Spannendes Phänomen!
Entspannen in Vagnsstaðir
Inzwischen ist es Nachmittag. Unser Hostel in Vagnsstaðir ist nur etwa 25 km weit weg, also machen wir uns auf den Weg dahin. Schon den ganzen Tag über freue ich mich auf das Cottage, das wir am Abend zuvor von Vík aus telefonisch gebucht haben. Der Spaß kostet uns 20.000 ISK für eine Nacht, ca. 135 €. Aber das ist es wert, stellen wir fest als wir auf dem Gehöft ankommen. Vagnsstaðir ist kein Ort an sich, eigentlich sind es wieder nur ein paar Gebäude. Eines der beiden großen Häuser dient als Hostel, in dem anderen wohnt die Familie und nebenan stehen drei kleine, grüne Cottages und ein etwas größeres Holzhaus. Darin befinden sich noch mal ein paar Zimmer. Die Cottages sind für bis zu sechs Personen geeignet, zumindest was die Schlafplätze angeht. Sie sind klein, aber gerade ausreichend, es gibt sogar eine Toilette und ein Waschbecken. Duschen und Kochen geht nur im Haupthaus. Dort treffen wir auch auf die Gastgeberin, die uns begrüßt, alles erklärt und auf mögliche Touren und weitere Ausflugsziele hinweist. Von der Familie werden hier wohl auch Gletschertouren angeboten. So eine Tour habe ich mir für den nächsten Islandurlaub in den Plan geschrieben, das ist bestimmt spannend.
Dieses Hostel hat sich dem Label “Green Hostel” verschrieben, was ich sehr sympathisch finde. Gäste werden dazu angehalten, den Müll zu trennen, Wasser zu sparen etc. Es gibt Toilettenpapier aus Recycling usw. Diesen Gedanken treffen wir in den Hostels später noch öfter, ich finde das eine klasse Idee! Weitere Infos zu dem Label findet ihr hier.
Nachdem wir also unser süßes Cottage bezogen haben, genießen wir die Sonne auf der Wiese und planen den nächsten Tag. Wir werden weiter fahren bis nach Seyðisfjörður an der Ostküste, im dortigen Hostel bekommen wir über booking.com noch ein Zimmer für zwei. Anschließend kochen wir uns unser Abendessen, essen im Wintergarten mit Blick auf die Wiesen hinter dem Haus. In der Ferne kann man das Meer erahnen. Es gibt einen Weg zum Strand vom Hostel aus, den die Gastgeber markiert und auf einem Bild erklärt haben. Es sind nur knapp 1,5 km, also machen wir uns nach dem Abendessen auf den Weg dorthin.
Es wird spannend, denn die Wiesen sind nass und sumpfig. Wir müssen zweimal den Bach überqueren, durch Tore durch und an Hügeln vorbei, sagt die Beschreibung. Naja, das Bild also. Der Spaziergang lohnt sich, denn wir sind alleine. Unterwegs kommen uns einmal andere Gäste entgegen, ansonsten ist hier niemand. In der Ferne sieht man die schnee- und eisbedeckten Berge, vor uns ist alles grün, man hört das Meer und den Wind rauschen. Wieder komme ich mir vor als wären wir alleine auf der Welt. Es ist wunderbar. Am Strand angekommen stellen wir fest, dass dieser ganz schön lang und das Wasser noch ganz schön weit weg ist. Also kraxeln wir auf einen Felsen am Ufer und genießen die Aussicht von dort aus. Hier ist übrigens auch mal wieder eine 360°-Panoramaaufnahme entstanden.
Auf dem Weg zurück sind wir, wie auf dem Hinweg auch, froh über unsere festen Wanderschuhe, denen auch die nassen Löcher nichts ausmachen. Nach unserem kurzen Spaziergang trinken wir noch einen Tee im Gemeinschaftsraum des Hostels und machen uns dann auf in unsere Koje. Es gibt pro Cottage im Prinzip vier Betten, jeweils zwei große für zwei Personen, darüber, wie eine Art Stockbett, je noch ein schmales Bett für eine Person. Ich finde es urgemütlich, kuschele mich in meinen Schlafsack und genieße die Ruhe! Ach, Island ist einfach wunderbar!
Dieser Beitrag erschien zuerst im August 2015 auf meinem Vorgängerblog “Blick auf”.
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