Keltischer was? Kennt ihr nicht? Da seid ihr nicht alleine, so ging es mir auch als ich in das nördliche Saarland umgezogen bin. Dabei ist der keltische Ringwall Otzenhausen wirklich ein spannendes und sehenswertes Ausflugsziel für alle. Warum das so ist und was es zu sehen gibt, das möchte ich euch in diesem Beitrag vorstellen. Dazu habe ich mich vor einiger Zeit einer der regelmäßig stattfindenden öffentlichen Führungen angeschlossen, die von April bis November einmal im Monat von der Gemeinde Nonnweiler angeboten werden. Dann los, lasst uns gemeinsam auf eine Zeitreise gehen.
Wir treffen uns an diesem Samstagmittag im August 2015 gegen 14 Uhr mit der Wanderführerin Evi Zarth am Waldparkplatz in Otzenhausen, einem kleinen Ortsteil der Gemeinde Nonnweiler. Wir befinden uns hier direkt an der Grenze zwischen dem Saarland und Rheinland-Pfalz, außerdem liegt der gerade erst (Pfingsten 2015) eröffnete Nationalpark Hunsrück-Hochwald hier vor der Haustür. Das heißt auch, dass auf uns eine Wanderung durch den stillen Wald an den Hängen des Dollbergs wartet – geradezu ideal bei der Hitze, die an diesem Tag herrscht. Wir sind eine kleine, bunt gemischte Truppe. Zu diesen offenen Führungen kann jeder kommen, man muss sich nicht anmelden.
Erster Stopp: Keltenpark Otzenhausen am Fuße des Ringwalls
Direkt gegenüber des Parkplatzes sieht man ein eingezäuntes Gebiet mit viel freier Fläche, im Hintergrund am Waldrand erkennt man von der Straße aus ein paar Häuser mit Palisadenzaun drumherum. Hier ensteht gerade der Nachbau eines keltischen Dorfes. Oder vielmehr ein Bau dessen, wie die Archäologen und Forscher sich ein solches Dorf vorstellen. Frau Zarth erklärt uns auf dem Weg zum Tor, dass den Besuchern hier später das keltische Leben vorgeführt werden soll, wie es in der Siedlung oben auf Plateau hinter dem Ringwall Otzenhausen stattgefunden haben könnte. Daher baut man hier verschiedene Häuserarten nach – Wohnhäuser, Stallungen, Lagerhäuser, Unterstände für Werkstätten etc. Wir betreten den zukünftigen Keltenpark durch das Tor, das man vom Wanderweg aus erreicht. Rechts von uns liegt eine große Arena, die Zuschauerränge sind aus Stein und treppenförmig angelegt. Hier haben schon Konzerte und andere Vorführungen stattgefunden. Ich stelle mir die Atmosphäre toll vor, hier so direkt am Wald in der Arena, neben dem Keltendorf, das hat schon was.
Über einen kleinen Weg geht es auf den Palisadenzaun zu. Unwillkürlich muss ich an Asterix und Obelix denken, an ihr Dorf, das ebenfalls von einer hölzernen Palisade umgeben ist und sie gegen die feindlichen Römer schützen soll. Asterix und seine Freunde waren auch Kelten, eben vom Stamm der Gallier. Hier in der Region des Hunsrücks lebte der Stamm der Treverer. Der Name “Trier” kommt übrigens von eben diesem keltischen Stamm. Spannend, oder, wie das alles zusammen hängt?!
Im Keltendorf stehen derzeit 6 Gebäude, von jeder Art eines. Sie sind alle aus Holz, werden von einer Spezialfirma gebaut und an jedem Gebäude experimentiert man mit verschiedenen Bauarten. Was ich sehr interessant finde: man weiß wenig davon, wie die Häuser ausgesehen haben, wie das Dach beschaffen war usw. Das kommt daher, dass die Kelten nichts aufgeschrieben haben, die einzigen schriftlichen Erwähnungen stammen aus den Erzählungen der Römer. Daher baut man hier am Fuße des Ringwalls Otzenhausen die Häuser so, wie sich die Archäologen das denken. Gewisse Dinge sind nachweisbar, z.B. dass die Vorratskammern auf hölzernen Pfählen standen. Hatten die keltischen Häuser Fenster? Man weiß es nicht, aber hier sind welche drin, schließlich soll das Dorf eines Tages für Workshops und Vorführungen genutzt werden. Unsere Wanderführerin erzählt uns das alles und noch viel mehr.
Am hinteren Ende des Dorfes ist ein kleiner Garten angelegt, in diesem werden Pflanzen wachsen, die schon die Kelten kannten und verarbeiteten. Dazu gehören z.B. Dinkel, Lein und Emmer.
Wir verlassen das Dorf durch das Tor in der anderen Seite des Zaunes und machen uns auf in Richtung Wald. Unterwegs erzählt Frau Zarth immer wieder verschiedene Anekdoten und interessante Dinge zum Leben der Kelten hier in der Region, wann sie warum und wo lebten, wann sie verschwanden. Bei den Forschungen spielen übrigens auch die Gräber und deren Inhalt eine große Rolle. Einige der Hügelgräber kann man auch heute noch sehen hier in der Region. Nach einem kurzen Stück Pfad, bei dem wir einen alten Grenzstein passieren, der das Saargebiet vom Deutschen Reich trennte, kommen wir wieder auf den Hauptweg. Es gibt hier rund um den Ringwall Otzenhausen viele Rad- und Wanderwege, die ich gleich noch näher erläutere. Nach einem kurzen Stück auf dem Hauptweg erreichen wir die Abzweigung zum “Steilaufsteig”. Der keltische Ringwall liegt nämlich ganz oben auf einem Plateau des Dollbergs – der wiederum zu den höchsten Erhebungen der Umgebung gehört.
Unterwegs im Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Wir befinden uns jetzt schon im Nationalpark Hunsrück-Hochwald, dem ersten länderübergreifenden Nationalpark Deutschlands. Er liegt auf den Höhen des Hunsrücks, zwischen Mosel und Nahe und etwa 10% der Fläche gehören zum Saarland. Irgendwo auf diesen 10% bewegen wir uns jetzt gerade. Noch weist kaum etwas daraufhin, aber vermutlich werden mit der Zeit andere Wegweiser und Hinweisschilder in der Umgebung hinzukommen. Ich persönlich bin gespannt, wie sich das entwickelt, denn ich mag die Idee dieses Großschutzgebiets.
Auf jeden Fall wandern wir inzwischen recht steil bergauf, kraxeln über Steine, die uns die Wanderführerin als Taunusquarzit vorstellt. Dieses Mal lernen wir noch etwas aus dem Bereich Geologie und Erdgeschichte.
So langsam lässt sich der Ringwall Otzenhausen erahnen. Erste größere Steinansammlungen liegen am Rand des Pfades. In diesem Bereich ist der Wall an sich nicht mehr ganz so gut erhalten, deshalb zeigt uns Evi Zarth auf einer Karte, dass wir gerade einen ersten Vorwall und den Hauptwall durchquert und die Siedlung von der Südspitze her betreten haben. Nach ein paar weiteren Metern den Berg hinauf wartet eine Belohnung auf uns – der Panoramablick nach Süden, über die Talsperre Nonnweiler in das Saarland. Ach wie schön, das hier eine der Sinnenbänke steht, von der aus man den Ausblick noch besser genießen kann!
Weiter geht es auf das Plateau, hier haben in den letzten Jahren auch Ausgrabungen stattgefunden. Davon sieht man heute nichts mehr, die Grasnarbe ist wieder geschlossen. Auf dem Plateau passieren wir noch eine kleine Ruine und eine Schutzhütte für Wanderer. Hier oben, mitten im Wald, fühle ich mich sehr wohl, es hat irgendwie eine geschützte und sehr ruhige Atmosphäre. Ich kann mir schon gut vorstellen, warum die Kelten sich diesen Ort für ihre Siedlung ausgesucht haben. Man hat weite Aussichten, was damals ohne all diese Bäume sicherlich sehr hilfreich für die Bewohner war. So sah man Angreifer und Besucher schon von Weitem.
In der Nähe der Schutzhütte stehen auf einer Wiese drei Skulpturen. Sie gehören zum Skulpturenweg “Cerda & Celtoi”, zu deutsch Kunst & Kelten, der von der Europäischen Akademie Otzenhausen hinauf zum Ringwall Otzenhausen führt. Gestaltet wurden diese Skulpturen von Künstlern aus ehemaligen keltischen Siedlungsgebieten in einem Projekt vor ein paar Jahren. Wenn ihr da oben mal seid: setzt euch auf jeden Fall in die Skulptur von Peter Boyd “Man Y Duwes Ewropare” und seid ganz still, schließt die Augen. Man hört dann das Geräusch des Lebens, es ist faszinierend!
Hier oben kreuzen sich wieder einige Wanderwege, unter ihnen der bekannte Saar-Hunsrück-Steig, der beste Fernwanderweg Deutschlands (nach Punkten des Deutschen Wanderinstituts). Wir spazieren weiter über das Plateau, dann taucht er endlich zwischen den Bäumen auf – der Nordwall.
Oben auf dem keltischen Ringwall Otzenhausen
Es ist schon sehr, sehr beeindruckend, wenn vor einem aus dem Wald heraus plötzlich eine knapp 10 Meter hohe Mauer aus lauter einzelnen, riesigen Steinbrocken aufragt. Der Nordwall ist vermutlich der am besten erhaltene Teil vom Ringwall Otzenhausen und für mich auch wirklich ein Monument. Wenn dieses Wort irgendwo passt, dann definitiv hier!
Unten am Fuße des Walls stehen ein paar Infotafeln, die interessierte Leser über den Wall, die frühere Anlage und das Leben der Kelten informiert. Eine schmale Treppe führt hinauf auf den Wall. Unserer Wanderführerin sagt deutlich, dass das Erklimmen freiwillig und auf eigene Gefahr geschieht. Als die ganze Grupppe sich damit einverstanden zeigt, setzen wir die Führung auf dem Rücken des Walls fort.
Wahnsinn, dieser Ausblick!!! Auf der einen Seite blickt man in den Hunsrück, tief in den Nationalpark hinein. Auf der anderen Seite schaut man ins Saarland, Richtung Priesberg und auf die kleinen Dörfer. Die Weite ist wirklich beeindruckend, ich genieße es sehr hier oben zu sitzen und den Eindruck auf mich wirken zu lassen! Frau Zarth ist Mitglied im Freundeskreis Keltischer Ringwall e.V., macht gerne auch mal bei Darstellungen im Keltendorf mit und ist auch Teil einer Theatergruppe. Aus einem ihrer Theaterstücke, das sich um keltische Geschichte dreht, spielt sie uns eine Szene vor. Das macht das Sitzen hier oben wirklich zu einem ganz besonderen Moment.
Dan heißt es wieder, den Wall hinab kraxeln. Dabei muss man ziemlich aufpassen, es wurden zwar Stufen in die Steine gehauen, aber diese sind sehr klein und schmal. Weiter geht es auf unserer Wanderung entlang des Nordwalls, zurück in den Wald und bergab. Wir kommen noch an einer Quelle vorbei. Diese muss in Zeiten der Besiedlung durch die Kelten stark gesprudelt und damit das Überleben des Dorfes gesichert haben. Heute ist sie, nach der Einfassung in Stein, kaum noch mehr als ein Rinnsal. Der Ringwall Otzenhausen verschwindet hinter uns, während wir einem schmalen Wanderpfad folgen. Unterwegs erklärt uns Frau Zarth, wie der Wall aufgebaut ist. Er besteht aus einem Gerippe aus Holzstreben, die längs und quer gelegt wurden, darauf und darin dann die Steine platziert. Man geht davon aus, dass der Wall früher eine Mauer gewesen sein könnte, die noch höher war als der heutige Wall. Dazu gibt es aber verschiedene Meinungen von verschiedenen Archäologen. Manchen sagen auch, dass es schon immer ein Wall war, keine Mauer. Wie dem auch sei, ich finde es trotzdem unheimlich beeindruckend, dass man vor 2500 Jahren so etwas bauen konnte und zwar ohne Maschinen!
Den Ringwall hinab
Nachdem wir die Toranlage passiert haben, an der man übrigens das Gerippe aus Holz erkennt, führt uns ein steiler Pfad den Berg hinab. Unterwegs kommen wir immer wieder an Spielelementen für Kinder vorbei, es gibt hier nämlich auch einen Kindererlebnisweg und spezielle Führungen für die Kleinen.
Nach dem Abstieg über den Pfad treffen wir wieder auf einen der Hauptwege. Hier sehen wir am Wegesrand ein paar andere Skulpturen von “Cerda & Celtoi” und viele, viele der Steine, aus denen der Ringwall Otzenhausen gebaut wurde. Noch sind wir mitten im Wald, aber als wir am Mannfelsen ankommen, sehen wir wieder die Arena vor uns. Wir wandern noch ein kurzes Stück zurück zum Parkplatz und beenden dort die Führung. Es war wirklich ein schönes Erlebnis, auch wenn ich den Ringwall schon vorher ein paar Mal besucht habe, und ich habe wieder einiges dazu gelernt.
Was kostet eine Führung?
Wir haben jetzt bei der öffentlichen Führung 2,- € pro Person bezahlt. Das ist meiner Meinung nach wirklich überhaupt nicht viel für all das, was man hier von den Wanderführern geboten bekommt. Rundum mit Wissen zum Ringwall Otzenhausen, der Siedlung auf dem Dollberg und dem Leben der Kelten versorgt geht man nach einer solchen Führung nach Hause.
Wie lange dauert das und wie weit wandert man?
Wir waren insgesamt 2,5 Stunden unterwegs, sind aber nur etwas mehr als 3 km gegangen. Zu beachten ist hier, dass es steil den Berg hinauf und hinab geht, über Pfade und Steine. Wanderschuhe sind also auf jeden Fall empfehlenswert. Für Kinderwägen oder Rollstühle ist diese Führung nicht geeignet.
Welche Wanderwege gibt es hier noch?
Am keltischen Ringwall Otzenhausen entlang führen viele Wander- und Radwege. Von der Europäischen Akademie Otzenhausen auf den Wall gibt es z.B. den Skulpturenweg, wie erwähnt, einen archäologischen Infoweg und den Kindererlebnisweg. Außerdem laufen der Fernwanderweg Saar-Hunsrück-Steig und der Premiumwanderweg Dollbergschleife über die Hänge des Ringwalls und das Plateau. Auch auf einem Teil des Saarland-Rundwanderwegs, der St. Wendeler Schleife, kann man den Ringwall Otzenhausen erwandern.
Schilder stehen hier im Wald einige, so dass man sich auch gut orientieren kann.
Wer übrigens mal eine Wanderung der besonderen Art auf den Ringwall erleben möchte, schaut nach den Terminen für eine Abendwanderung zu den Kelten. Auch das habe ich schon mal ausprobiert und darüber berichtet, es ist definitiv ein Erlebnis. Man geht in der Dämmerung los und kommt auf dem Plateau bei fast erreichter Dunkelheit an – unheimlich eindrucksvoll.
Die Termine der Führungen auf den Ringwall Otzenhausen gibt es bei der Gemeinde Nonnweiler.
Dieser Beitrag erschien zuerst im August 2015 auf meinem Vorgängerblog “Blick auf”. Leider werden die Abendwanderungen zu den Kelten nicht mehr angeboten. Die monatlichen Führungen finden weiterhin statt.
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